Islay ist mit einer Fläche von knapp 620 km² die zweitgrößte Insel der Inneren Hebriden, auf ihr leben etwa 3.400 Menschen, die zum größten Teil „an der Flasche hängen“! Damit ist nicht gemeint, dass sie allesamt über einen großen Durst verfügen (was freilich keine Seltenheit ist), sondern, dass die meisten Bewohner von Islay für ihren Broterwerb auf die Whisky-Industrie von Islay angewiesen sind. Sie arbeiten entweder in einer der zwölf aktiven Brennereien oder liefern als Landwirte Gerste zu, stechen Torf oder sind in der Gastronomie und Tourismusbranche tätig, die ihre Existenz wiederum dem berühmten Whisky von Islay verdanken.
Islay verfügt über ein vergleichsweise mildes Klima, das auf den Golfstrom zurückgeführt wird. Deshalb gedeiht auf den meisten landwirtschaftlichen Nutzflächen hervorragende Gerste, während der Rest der Insel von weiten Torfmooren bedeckt wird. Damit verfügt Islay über die beiden Grundvoraussetzungen für eine erfolgreiche Whisky-Produktion: Gerste und Torf!
Seit Jahrhunderten wird auf Islay Whisky gebrannt, wenn auch illegal in Schwarzbrennereien. So ist es kein Wunder, dass die 1779 angemeldete Destillerie Bowmore zu den ältesten legalen Whisky-Brennereien Schottlands gehört. Dass fast jeder Islay-Whisky bis heute schwer getorft ist, liegt daran, dass Kohle zur Mälzung der Gerste importiert werden musste und daher entsprechend teuer war. Man griff daher seit frühester Zeit zu dem praktisch zum Nulltarif vorhandenen Brennstoff vor der eigenen Haustüre, dem Torf!
So entstand Whisky mit einem ganz eigenen Charakter, geprägt von Torf, Rauch und Seeluft und veredelt von süßen und blumigen Elementen von Heidekraut, die allesamt eine einzigartige Kombination eingehen, die man in dieser Intensität nirgendwo sonst findet. Dieser besondere Stil ist es auch, der dafür verantwortlich zeichnet, dass Islay trotz seiner geografischen Zugehörigkeit zu den schottischen Inseln als eigene Whisky-Region geführt wird, die in den letzten Jahren an Bedeutung und Beliebtheit stetig zunahm. Heute gilt Islay als „DIE Whisky-Insel“ und neben der Speyside als berühmteste schottische Whisky-Region.
Alle heute aktiven Brennereien befinden sich mehr oder weniger unmittelbar an der Küste. Zurzeit sind zwölf Brennereien aktiv:
- Ardbeg
- Ardnahoe
- Bowmore
- Bruichladdich
- Bunnahabhain
- Caol Ila
- Kilchoman
- Lagavulin
- Laphroaig
- Port Ellen
- Portintruan
- Laggan Bay Distillery
Während die meisten Whiskys der Speyside oder der Highlands überhaupt nicht oder nur schwach getorft sind, trumpfen typische Islay-Whiskys mit einem Phenolgehalt von 30 ppm oder mehr auf, extreme Editionen wie der Ardbeg Supernova oder der Octomore überwältigen gar mit weit mehr als 100 ppm Phenol und betonen so den typischen rauchig-torfig-salzigen Charakter von Islay, der sehr oft und sehr zutreffend als regelrecht „medizinisch“ beschrieben wird. Als weitere Besonderheit ist anzumerken, dass die meisten Whisky-Destillerien von Islay auf eine Kühlfilterung sowie eine farbliche Anpassung mit Zuckercouleur verzichten, um den typischen Islay-Charakter nicht zu verfälschen. Dass viele Whiskys dieser Insel mit Fassstärken von 50 % und mehr abgefüllt werden, erscheint da nur konsequent.
Um Anfänger in Sachen Islay-Whisky nicht zu verschrecken, sollten sie sich erst an diese extremen Whiskys heran trinken und zu Beginn einen vergleichsweise milden Whisky wählen, wie zum Beispiel einen beinahe ungetorften Bunnahabhain 12 Jahre oder einen nur mäßig getorften Bowmore 12 Jahre, bevor man sich an die besonders extremen Vertreter von Lagavulin, Laphroaig oder gar Ardbeg wagt, die nichts für schwache Nerven sind, Kenner und Genießer jedoch immer wieder zu Begeisterungsstürmen hinreißen!