Was Kupfer im Brennvorgang leistet – in einfachen Worten #
- Kupfer wirkt wie ein Geruchs-Radierer: Es „fängt“ die üblen Schwefelstinker aus der Gärung. Die Stoffe bleiben als dunkler Belag am Metall hängen; der Whisky-Dampf wird dadurch sauberer und feiner.
- Mehr Kontaktflächen = mehr „Radiergummi“.
- Form/Größe der Brennblase und der Kondensator-Typ entscheiden daher hör- und riechbar über den Stil.
- Aber: Kupfer ist tricky
Je nach Bedingungen kann es auch ein bisschen „Stinker“ erzeugen, während es gleichzeitig andere entfernt. Gute Brennereien steuern das über Schnittpunkte (Cuts), Leistung/Reflux und Design.
Mehr Frucht? #
Kupfer kann Reaktionen anstoßen, die fruchtige Ester fördern. Das Meiste an Frucht entsteht zwar schon im Gärtank, aber Kupfer hilft, den Duft runder zu machen.
Sicherheitsaspekt (EC) #
Mit Kupfer lässt man problematische Vorläufer im Kessel zu etwas Unflüchtigem reagieren, das nicht in die Flasche gelangt. Das ist besser, als die Vorläufer durchzulassen und später im Fass zu riskieren. Sauberes, frisch gereinigtes Kupfer ist hierfür wichtig.
Praktische Konsequenzen für die Brennpraxis #
- Kupfer „wo es zählt“ platzieren: Viel Kontakt im Pot und im Dampfweg (Hals/Lyne Arm/Kondensator) senkt schweflige Noten und DMTS besonders effektiv.
- Gerätereinigung planen: Beläge (Cu₂S/CuS/Thiolat) passivieren die Oberfläche. Regelmäßige Reinigung stellt die Reaktivität wieder her – relevant für Schwefelkontrolle und EC-Management.
Stilwahl über Kondensator #
- Worm Tub → tendenziell kräftiger, „fleischiger
- Shell-&-Tube → tendenziell leichter, „fruchtiger“ (mehr, feinere Kupferfläche).
Detaillierter Blick in die Chemie #
Entfernung flüchtiger Schwefelverbindungen („Entschwefelung“) #
In der Gärung entstehen zahlreiche Schwefelstoffe: z. B. H₂S (faule-Eier-Note), Methanthiol (Kohl/Knoblauch), DMS/DMDS/DMTS (gekochter Mais, „fleischig“). Besonders DMTS hat eine extrem niedrige Geruchsschwelle (~0,05 µg/L).
Wenn jedoch die heißen Alkoholdämpfe Kupfer berühren, laufen Oberflächenreaktionen ab:
- H₂S + Cu(0)/CuO → Cu₂S/CuS (fest)
- R–SH (Thiole) → Cu–SR (Thiolat-Beläge).
Die Produkte bleiben als dunkle Sulfid-/Thiolat-Schicht am Metall zurück („Anlaufen“) und werden beim Reinigen entfernt. So sinken Schwefelgehalte im Destillat und die „stinkigen“ Noten gehen zurück.
Wie viel Schwefel entfernt wird, hängt stark vom Kontakt mit Kupfer ab. #
In Versuchen mit austauschbaren Kupfer-/Edelstahl-Sektionen reduzierte „alles aus Kupfer“ die DMTS-Menge und die sensorischen „meaty/sulfury“-Noten am stärksten – am wichtigsten waren jedoch Topf/Pot (flüssige Phase) und Lyne Arm (Dampfkontakt).
Auch der Kondensator-Typ zählt: klassische Worm Tubs geben oft „schwerere, sulfury“ Spirits (weniger fein verteilte Kupferoberfläche, kürzerer Kontakt) als Shell-&-Tube-Kondensatoren.
Kupfer kann Schwefel auch bilden – die „Doppelnatur“ #
Neben der Entfernung kann Kupfer in Gegenwart bestimmter Vorläufer (z. B. Methanthiol, H₂S, Methylthio-Alkohole) die Bildung von DMDS/DMTS fördern (Cu-Salze/Lewis-Säure-Katalyse, Redox-Wechselspiele).
In der Praxis passieren beide Prozesse gleichzeitig; der Nettoeffekt hängt von Fahrweise der Brennanlage und deren Geometrie ab.
Weitere katalytische Effekte – Ester & Co. #
Viele Destillateure beobachten, dass Kupfer die Fruchtigkeit erhöht. Fachquellen beschreiben Kupfer als Katalysator für Esterbildung (z. B. Ethylacetat) auf der Metalloberfläche; der Großteil der Ester entsteht zwar bereits in der Gärung, aber Kupferkontakt kann das Profil während der Destillation noch verschieben. Der genaue Mechanismus in realen Stills ist nicht vollständig geklärt.
Ethylcarbamat (EC) – ein wichtiger „Trade-off“ #
Aus Getreidevorläufern (Glycosid-Nitrile → HCN/Cyanat) kann unter Kupfer + Wärme Ethylcarbamat entstehen (regulatorisch relevant). Strategie der Industrie: EC möglichst früh im System bilden lassen, denn EC ist wenig flüchtig und bleibt im Schlempe/Bottoms zurück – HCN dagegen ist flüchtig und würde sonst mit dem Destillat ausgetragen und später im Fass zu EC werden. Viel früher Kupferkontakt (z. B. im unteren Kolonnenteil/Waschblase) hilft daher, EC im Still zu „fangen“ statt in der Flasche. Regelmäßige alkalische Reinigung hält die Kupferoberflächen reaktiv.